In Zeiten steigender Arbeitslast ehrenamtlicher Gemeindevertreter*innen gebietet es sich, effizient zu arbeiten.
Insbesondere das Tagesgeschäft steht hier im Fokus: wie kann man ein Gremium aus Arbeitnehmern im Homeoffice, Studierenden, Landwirten und Rentnern so organisieren, dass möglichst wenig Zeit für Bürokratie und der Suche nach Informationen, insbesondere aber den konkreten To Dos verschwendet wird?
Inmitten schöner Felder, Umringt von Wies‘ und Wälder… machen wir Kanban!
Nach der Kommunalwahl 2023 haben wir hier in Krukow eine neu zusammengesetzte Gemeindevertretung bekommen, in der gleichzeitig eine neue Wählergemeinschaft vertreten ist. Wir haben das zum Anlass gekommen, uns zuallererst so zu organisieren, dass wir mit den Überblick über die kommende Arbeit behalten und Aufgaben auch außerhalb der Protokolle transparent für alle Gemeindevertreter*innen ersichtlich sind – zuvor war das nur möglich, wenn man selber Listen geführt hat oder Protokolle wälzte.
Wichtig war es außerdem, dass Vorschläge und Ideen der Bürger*innen a) nicht untergehen und vergessen werden und b) zeitnah beratschlagt und entschieden werden. Und das klappt: aus dem Vorschlag einer Bürgerin, aufgrund der vielen Kinder „Freiwillig 30“ Schilder zu platzieren, wurde innerhalb von wenigen Wochen eine fertige 30-Zone im gesamten Dorfkerngebiet.
Man kann diese Arbeit im Team Gemeindevertretung wunderbar mit Kanban organisieren. Durchaus auch in analoger Form bekannt, pflegt man in diesem System Karten, die Aufgaben und Verantwortungen beschreiben, und sortiert diese in Spalten je nach Arbeitsfortschritt. Das funktioniert übrigens für alte Hasen, die viele Jahre Erfahrung in der Kommunalpolitik mitbringen, genauso gut wie für die „Neuen“, die zum ersten Mal in Amt und Würden gewählt wurden und mit vielen Fragezeichen in ihr Ehrenamt starten.
Lose Ideen, Vorschläge und zukünftig geplante Themen werden in einem „Backlog“ gesammelt: einem Pool von Aufgaben, aus dem je nach Bedarf, Anlass und Kapazität gefischt wird. Aufgaben aus dem „Backlog“, bei uns die „Ideen“ Spalte, werden dann in die Spalte „Bereit zur Verabschiedung“ geschoben. Das bedeutet, dass die jeweilige Aufgabe soweit aufbereitet ist, dass sie von der Gemeindevertretung diskutiert und verabschiedet werden kann – aus der Idee von „Freiwillig 30 Schildern“ kristallisieren sich bei der Aufbereitung eine ganze Latte an Problemen und Herausforderungen, die in ein fertiges Konzept gegossen werden müssen, damit die Gemeindevertretung entscheiden kann. Da die Hürden für „Freiwillig 30“ sich als deutlich höher herausstellten, als eine richtige 30 Zone einzurichten, fußte das Konzept schließlich genau darauf – und wurde am Ende so verabschiedet und umgesetzt.
Fürderhin gibt es „Sammler“ – nicht unbedingt üblich im Kanban, aber ein probates Mittel, Dauerläufer sichtbar zu halten. Großprojekte – leider auch kleinere – dauern in der kommunalen Planung nicht selten Jahre und sind mit endloser Korrespondenz, Planungsständen, Terminen und Protokollen behaftet. Das sammelt man bequemerweise in einem Ordner. Wo früher ein Leitz-Ordner angelegt wurde, pflegen wir heute die Sammler-Karte, die am Ende nach Möglichkeit ein chronologisch geordnetes Gesamtdokument darstellt, an dem sich keiner mehr die Finger klemmt, und das auch noch durchsuchbar ist.
Sobald ein Thema verabschiedet ist, oder es keiner Beratung bedarf, um in die Umsetzung zu gehen, wie etwa die Planung einer bevorstehenden Sitzung der Gemeindevertretung durch den Bürgermeister, geht’s ab in die Spalte „In Arbeit“! Hier findet die konkrete Umsetzung statt, und hier verändert sich meist relativ viel an den Inhalten der Karten. Diese Karten kann man übrigens mit Kommentaren, Anhängen wie Bildern und Dokumenten, Verknüpfungen zu anderen Karten und, ganz wichtig, einer Zuständigkeit versehen! Zuständig kann ein Ausschuss oder eine Person sein – in beiden Fällen ist klar, wer aktuell den Hut auf hat. So werden Missverständnisse vermieden und Fortschritt erzielt.
Und dann kommt irgendwann der lang ersehnte Tag, an dem ein Projekte, eine „Karte“, fertig ist! Nach entsprechender Verkündung in einer öffentlichen Sitzung der Gemeindevertretung wandert diese Karte dann zu ihrer letzten Ruhestätte: der „Erledigt“ Spalte. Damit man sich daran noch eine Weile erfreuen kann, verweilt sie da die kommenden 30 Tage – und wechselt dann ihren Status. Der Status einer Aufgabe bleibt ihre gesamte Lebenszeit über „aktiv“, bis sie nach besagten Tage ganz automatisch auf „geschlossen“ gesetzt wird und aus der Sicht des „Boards“, der Übersicht aller Aufgaben, verschwindet.

Nun darf man natürlich nicht verschweigen, dass es auch eine „Abgelehnt“ Spalte gibt. Was hier landet, wurde in der Gemeindevertretung diskutiert und nach Abstimmung dann verworfen – nicht alles, was erstrebenswert ist, ist auch umsetzbar, so zum Beispiel der Bürgervorschlag „Blumenampeln an den Straßenlaternen“. Aus Kosten- und Aufwandsgründen haben wir keine Realisierungschance gesehen. Auch diese Karte ruht noch einige Zeit in „Abgelehnt“ – und die Ablehnung wird natürlich in der nächsten Sitzung der Gemeindevertretung begründet.
Wie setze ich das um?
Das Kozept „Kanban“ eignet sich für alle Organisationen und Teams, die Fortschritt effizient erzielen wollen. Ist das Konzept meistens in der IT verortet, finden Teile davon durchaus Anwendung auf Gastronomie, Vereine, Handwerksbetriebe, ja selbst Familien, die damit in abgespeckter Form ihren Alltag organisieren. Aber wo fange in da im kleinkommunalen Bereich wie hier bei uns in Krukow an, einer 150 Einwohner Gemeinde, aber mit durchgängiger Glasfaserversorgung und eine aktiven Gemeinschaft durchaus am Puls der Zeit?
Wir haben seit über 20 Jahren eine eigene Webseite in Eigenverwaltung, und damit auch eigenen Webspeicher und Domain. Das, gepaart mit etwas technischem Verständnis, erlaubt es uns, zu einer Lösung wie Kanboard zu greifen, einer kostenlosen Open Source Lösung für die Verwaltung von Projekten und Teams in Kanban. Das Tool basiert auf PHP und kann mit einer SQLite Datenbank relativ einfach und fix aufgesetzt werden. Die Administration ist intuitiv, die Wartung recht einfach und die Erweiterbarkeit mit einem ganzen Haufen Plugins gegeben.
Wer im letzten Absatz nicht mitgekommen ist, passt vielleicht eher in die Zielgruppe derjenigen, die eine bereits installierte, ergo SaaS / Cloud-Lösung bevorzugen. Auch hier ist der Tisch reich gedeckt mit Lösungen wie Monday oder Asana, wobei in Sachen Erweiterbarkeit und Flexibilität die Lösung YouTrack des Herstellers JetBrains empfohlen werden kann. Eine kostenlose Cloud-Instanz mit 10 Benutzern ist hier innerhalb von Minuten aufgesetzt – nur mit einer E-Mail Adresse.
Die Schulung der Gemeindevertreter*innen ist recht fix erledigt, da Oberfläche und Prinzip intuitiv sind. Im Verlauf der Einrichtung, aber auch in der Praxis, lohnt es sich, hier und da auf die jeweiligen Gegebenheiten des „Teams“ einzugehen: gibt es gar zugriffsbeschränkte, sensible Bereiche? Bekommen Ausschüsse eigene „Boards“? Darf es sogar öffentliche Bereiche geben, in die Bürger*innen Einsicht haben, um den Fortschritt einzelner Projekte live sehen zu können? Wird die DSGVO ausreichend beachtet, was ist mit der Barrierefreiheit?
Während wir hier im kleinen Krukow an viele dieser Fragen, wie es hier üblich ist, hemdsärmelig und pragmatisch herangehen (können), ist das in anderen, speziell größeren Institutionen schon anders. Hier empfiehlt sich dann professionelle Beratung.
In der Praxis kann man sich die Krukower Lösung gerne mal beim Bürgermeister oder durch den Besuch einer öffentlichen Sitzung der Gemeindevertretung anschauen.
